Synonym: N-(4-[N-(cyclohexylcarbamoyl)sulfamoyl]phenethyl)-5-methylpyrazin-2-carboxamid
Handelsname: Mindiab® u.a.
Englisch: glipizide
Inhaltsverzeichnis
- 1 Definition
- 2 Chemie
- 3 Eigenschaften
- 4 Wirkungsmechanismus
- 5 Pharmakokinetik
- 6 Indikation
- 7 Dosierung
- 8 Nebenwirkungen
- 9 Wechselwirkungen
- 10 Kontraindikation
- 11 Quelle
Definition
Glipizid ist ein Arzneistoff aus der Klasse der Sulfonylharnstoffe, der als orales Antidiabetikum in der Veterinärmedizin eingesetzt wird.
Chemie
Glipizid hat die Summenformel C21H27N5O4S und ein Molekulargewicht von 445,54 g/mol. Bei Raumtemperaturliegt es als weißlich-kristallines Pulver vor, das in Wasser und Alkohol praktisch unlöslich ist.
Eigenschaften
Glipizid zählt zu den β-zytotropen Substanzen, die zur Klasse der Sulfonylharnstoffe der 2. Generation gehören. Aufgrund der blutzuckersenkenden Wirkung wird es zur Behandlung von Typ 2-Diabeteseingesetzt. Als Voraussetzung gilt eine Restproduktion von endogenem Insulin durch die β-Zellen des Pankreas.
Wirkungsmechanismus
Glipizid senkt - wie alle Sulfonylharnstoffe - den Blutzuckerspiegel, indem es die β-Zellen im Pankreas zur endogenen Insulinsekretion stimuliert. Durch die partielle Blockierung von ATP-sensitiven K+-Kanälen am Sulfonylharnstoff-Rezeptor kommt es zu einer Öffnung spannungsabhängiger Kalziumkanäle, wodurch Kalzium einströmt. In weiterer Folge wird die Insulinausschüttung aus den β-Zellen angeregt.
Da Sulfonylharnstoffe direkt auf den KATP-Kanal wirken, führen sie - im Gegensatz zur Glukose, welche die Insulinfreisetzung nur bei erhöhter Blutglukosekonzentration stimuliert - auch zu einer Insulinsekretion bei Normo- oder Hypoglykämie. Gleichzeitig hemmen Sulfonylharnstoffe in der Leber die Glykogenolyse, senken die Insulinextraktion und steigern die Glukoseverwertung. Sulfonylharnstoffe erhöhen in den peripheren Geweben zusätzlich die Insulinempfindlichkeit, was wiederum eine erhöhte Glukoseaufnahme in die Zellen bewirkt.
Pharmakokinetik
Nach oraler Applikation wird Glipizid rasch und fast vollständig absorbiert. Durch eine gleichzeitige Futteraufnahme wird zwar die Absorptionsrate verändert, jedoch nicht das Ausmaß der aufgenommenen Wirkstoffmenge. Eine transdermale Anwendung führt zu einer ungenügenden Absorption des Wirkstoffes.
Glipizid wird nach intravenöser Gabe stark an Plasmaproteine, v.a. an Albumin, gebunden. Bei Mäusen konnten die höchsten Wirkstoffkonzentrationen in der Leber und im Blut nachgewiesen werden. Die niedrigsten Konzentrationen werden in der Lunge, Niere, Nebenniere, Myokard, Speicheldrüsen und im Fett gemessen. Im Gehirn bzw. im Rückenmark konnten keine Wirkstoffkonzentrationen nachgewiesen werden.
Glipizid wird in der Leber zu inaktiven Metaboliten verstoffwechselt. Diese werden hauptsächlich über die Nieren und teilweise auch über den Kot eliminiert. Die Bioverfügbarkeit bei der Katze nach der peroralen Gabe von 5 mg Glipizid beträgt 100%. Bei der Katze ist eine vollständige Wirkung erst nach etwa 4 bis 8 Wochen Therapie zu erwarten.
Indikation
Orale Antidiabetika finden in der Veterinärmedizin kaum Anwendung. Das liegt einerseits daran, dass der Wirkungsmechanismus eine gewisse endogene Insulinproduktion voraussetzt, andererseits das Nebenwirkungspotenzial hoch und die Wirkungsdauer aufgrund der kurzen Halbwertszeit sehr kurz ist. Grundsätzlich sollte bei diabetischen Kleintieren bevorzugt Insulin appliziert werden. Eine orale Therapie kann man jedoch dann in Betracht ziehen, wenn die Compliance der Tierbesitzer aufgrund der Angst vor Injektionen eine Insulintherapie ausschließt und das Tier eine Restaktivität der insulinproduzierenden Zellen auweist.
Glipizid kommt - insofern es eingesetzt wird - hauptsächlich bei Katzen zur Anwendung. Hier führt es bei ca. 35 bis 40% der Tiere zu einem Therapieerfolg. Beim Hund wird Glipizid nicht angewendet, da bei diesen Tieren fast ausschließlich der insulinabhängige Diabetes mellitus vorkommt.
Dosierung
Glipizid wird zusammen mit dem Futter verabreicht. Die Therapie sollte mit der niedrigsten Dosierung gestartet werden, sodass die Wirkung dem Bedarf angepasst werden kann. Es empfiehlt sich, die Katze während der Therapie mit einer ballaststoffreichen Diät zu füttern.
Es existieren unterschiedliche Dosierungsschemata, die anhand der Gesamtverfassung des Tieres sorgfältig ausgewählt werden müssen. Die therapiepflichtige Katze kann z.B. mit 5 mg (pro Katze) Glipizid zweimal täglich behandelt werden, wobei die Dosis (bei Bedarf) auf bis zu 7,5 mg (pro Katze) zweimal täglich erhöht werden kann. Ein anderes Schema empfiehlt 0,25 bis 0,5 mg/kgKG Glipizid zweimal täglich.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Bei ca. 15% der behandelten Katzen treten kurz nach Therapiebeginn Anorexie und Erbrechenauf. Die gleiche Anzahl an Katzen entwickelt während der Glipizid-Therapie einen cholestatischen Ikterus mit erhöhten Leberwerten. Bei Katzen, die nur einen leicht erhöhten Blutzuckerspiegel haben, kann es unter Umständen zu einer Hypoglykämie kommen, wobei starke Unterzuckerungen nur selten auftreten.
Alle Nebenwirkungen sind nach dem Absetzen des Wirkstoffes bzw. nach einer Dosisreduktion reversibel.
Wechselwirkungen
Azole (z.B. Ketoconazol, Itraconazol, Fluconazol) können den Plasmaspiegel von Glipizid erhöhen. Betablocker können zu einer Verstärkung der blutzuckersenkenden Wirkung von Glipizid führen.
Wirkstoffe, die Glipizd aus der Plasmaproteinbindung verdrängen, können ebenfalls zu einer Wirkungsverstärkung und damit zu einer Hypoglykämie führen, z.B. Chloramphenicol, Probenecid, Cumarine oder Sulfonamide.
Kontraindikation
Zu den absoluten Kontraindikationen zählen:
- schwere Verbrennungen
- schwere Verletzungen
- Infektionszustände
- diabetisches Koma
- große chirurgische Eingriffe
- Ketose/Ketoazidose
- starke Dehydrierung
- rascher Gewichtsverlust
- Allgemeinstörung
Zu den relativen Kontraindikationen zählen (nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung):
- unbehandelte Nebenniereninsuffizienz
- Hypophysen-Insuffizienz
- Niereninsuffizienzen
- Leberinsuffizienz
- hohes Fieber
- schlechter Ernährungszustand
- Schwächezustand