Interview
Für mich spielte Polen bisher hauptsächlich in Form von VADER auf der Metal-Bühne Europas. Außerdem war ich schon immer der Überzeugung, dass sich aus eher technisch versierten Bands manchmal vielversprechende Projekte entwickeln können, die so ganz und gar nicht zum ursprünglichen Sound passen. UNSUN ist eines dieser ambitionierten Projekte, und die Zeit wird zeigen, ob dem tatsächlich so ist. Sängerin Aya und Gitarrist Mauser beantworteten mir ein paar Fragen rund um ihr Debüt-Album „The End Of Life“, und erzählten über die Zukunftspläne der Band.
Hi! Diese Frage muss natürlich gestellt werden: Warum habt ihr eigentlich euren Namen von UNSEEN in UNSUN geändert?
Mauser: Hi, Cristiana! Wir haben unseren Namen aus rechtlichen Gründen geändert, da es noch eine andere Band mit demselben Namen in den Vereinigten Staaten gibt. Wir wollten aber auf jeden Fall einen ähnlich klingenden Namen, also haben wir uns schließlich für UNSUN entschieden. Das war eine sehr gute Entscheidung, denn der Name spiegelt den Kontrast wieder, den du auch in unserer Musik finden kannst: UNSUN ist ein Ort, an dem unsere dunkle Seite mit der hell leuchtenden aufeinandertrifft.
OK, eine Frage speziell an Aya: Welche weiblichen Vocals haben dich für deinen Gesangsstil am meisten beeinflusst? Welche Sängerin schätzt du besonders?
Aya: Ich mag viele Sängerinnen. (überlegt) Ich weiß nicht genau…als ich Gesang studierte, habe ich mir immer wieder viele und ganz unterschiedliche Vocals angehört. Aber sobald ich selbst singe, weiß ich genau wie meine Stimme klingt und im Kontext eines Songs zu klingen hat. Die Gefühle, die du zum Ausdruck bringen möchtest, sind dabei ganz wichtig und spielen eine übergeordnete Rolle. Ich mag viele Sängerinnen aus Polen, zum Beispiel Malgorzata Ostrowska, Beata Kozindrak und Agnieszka Chylinska, aber die sind bei euch sicherlich noch völlig unbekannt. Auch JEWEL find‘ ich gut, aber ihre Alben sind längst nicht so gut wie ihre Live-Performance. Und wenn du mich jetzt noch nach meinen Lieblingssängern fragst…das sind Myles Kennedy, Michael Jackson, David Draiman, Freddy Mercury, Bryan Adams und Seal.
Wie habt ihr euch eigentlich die Arbeit innerhalb der Band aufgeteilt, wer übernimmt die Kompositionen, die Texte und die Arrangements, oder arbeitet ihr an allem immer gemeinsam?
Aya: Mauser hat alle Texte geschrieben und er hat auch alle Arrangements übernommen, mit drei Ausnahmen: Zu „Memories“ und „Face The Truth“ habe ich die Lyrics und die Vocal-Lines geschrieben, während Mauser an den Arrangements gearbeitet hat. Und am letzten Song des Albums, „Indifference“, haben wir alle gemeinsam gearbeitet. Jeder von uns hat etwas dazu beigetragen, und ich finde der Track ist wirklich toll geworden, einer meiner Lieblingssongs vom Album. Momentan haben wir außerdem genug Kraft, um an neuen Songs zu arbeiten. Wir sind schon ziemlich ungeduldig, bald wieder ins Studio gehen zu können, um unser zweites Album aufzunehmen. Als Band verstehen wir uns wirklich gut. Heinrich hat ein paar wunderbare Ideen für melancholische, dunkle und gefühlsmäßige Songs, und ich denke davon wird es auf Album Nummer Zwei eine Menge zu finden geben. (lacht)
Mauser, warum hast du dich eigentlich für Gothic Metal entschieden? Bist du vielleicht auch an völlig anderen Musik-Richtungen interessiert?
Mauser: Ich wollte schon immer mit Aya gemeinsam Musik machen, denn ihre Stimme und Songs begeistern mich einfach. Ayas Lieblingsmusik ist so unterschiedlich zu meiner – während ich Death Metal liebe und so viele Jahre bei VADER gespielt habe, hat mich Ayas Vorliebe zu wärmerer, emotionalerer Musik schon immer fasziniert. In UNSUN finden Aya und ich jetzt also quasi den Kompromiss unserer musikalischen Vorlieben. Derzeitig habe ich auch keine anderen Pläne, mich musikalisch noch weiter zu öffnen. Ich wüsste zwar gern, wie sich die Zukunft von UNSUN entwickelt, aber wir müssen einfach abwarten. Und ehrlich gesagt ist das ja gerade auch das Spannende in unserem Business. Ich habe auch schon viele neue Ideen im Kopf und warte eigentlich nur noch darauf, dass wir wieder ins Studio gehen. Klar, ich hänge auch weiterhin am Death Metal, und ich möchte nicht leugnen, dass ich irgendwann auch mal wieder den Drang verspüre Death Metal zu spielen, aber zur Zeit hat UNSUN oberste Priorität für mich. Denn ich glaube, dass man nicht zwei Sachen gleichzeitig machen sollte, sondern sich auf eine Sache konzentrieren muss, um ein ehrliches Album veröffentlichen zu können, etwas, hinter dem man mit Leib und Seele steht, ohne irgendetwas bereuen zu müssen. Halbe Sachen möchte ich nicht machen.
Was hat euch letztendlich zu eurem Debüt „The End Of Life“ inspiriert?
Mauser: Der Titel spricht Bände: Das Ende des Lebens, ganz einfach. Und Bands und Musiker wie ALTER BRIDGE, CREED, JEWEL, Malgorzata Ostrowska, BJORK, Antoine Dufour und noch einige mehr…
Aya: Ich habe mit Mauser sehr oft darüber gesprochen, was in ihm vorgeht und welche Ideen er tatsächlich umsetzen möchte. Er sagte mir, dass ihn meine Songs, die ich für die Gitarre geschrieben und einige Tage gespielt habe, sehr stark inspiriert haben. Er mochte diese Songs sehr und versuchte, einige Arrangements zu schreiben. Das hat wunderbar funktioniert. Ausserdem hörte er viel Zeug von Bands wie LINKIN PARK, DISTURBED und ALTER BRIDGE, als wir „Face The Truth“ und „Memories“ umsetzten. Ausserdem hört man gelegentlich auch seine Gitarrenhelden wie Zakk Wylde und Joe Satriani heraus, meinst du nicht auch?
Mausers Gitarrenspiel hat mir schon immer sehr gefallen… Aber eine andere Sache, die mich sehr beschäftigt: Wie ist der Titel des Albums in Verbindung zu den einzelnen Songs und dem Aufbau des Albums an sich zu sehen?
Aya: In den letzten Jahren sind viele unserer Freunde gestorben. Und auch unser Sohn stand an der Pforte zum Tod. Das hat uns alles sehr schockiert und wir waren sehr traurig. Aus dieser „Laune“ heraus entstanden letztendlich unsere Songs. Das Album ist ein Wegweiser auf das bevorstehende Ende des Lebens und eine Ode an die Toten. Wir und alle Leute, die wir lieben, werden irgendwann einmal sterben – das ist einfach so und ein wichtiges Thema, das allzuoft verschwiegen wird. Doch es gibt nicht nur die dunkle, depressive Seite der Geschichte, sondern auch eine durchaus positive Seite: Wenn etwas stirbt, entsteht immer auch etwas Neues. Das Ende kann also auch im positiven Sinne verstanden werden, zum Beispiel für die Geburt von UNSUN. Man kann den Titel also in zwei Richtungen unterpretieren.
Was habt ihr über das Video zu „Whispers“ zu sagen? Auf wessen Idee basiert das Video?
Mauser: Uns wurde von vielen Leuten gesagt, dass dieser Song der beste des Albums ist. Also haben wir uns auch für diesen Song als Video-Auskopplung entschieden. Unser polnisches Label hat uns dann Grupa 13 vorgestellt, einer Truppe, die sich auf Videos spezialisiert hat, und die haben unser Video dann auch gemacht. Wir hatten zwar ein paar richtig coole Ideen, aber wenig Geld. Also ließen wir sie agieren und haben uns ihre Ideen angehört, die wir letztendlich auch sehr gut fanden. Der Drehort – ein wunderschönes Schloss in Rydzyna – war im Handumdrehen gefunden und das Script schnell geschrieben. Wir sind mit dem Ergebnis zwar zufrieden, aber ich denke dass nächste Mal versuchen wir es einfach selbst.
Was unterscheidet eigentlich eurer Meinung nach den Metal aus Ländern wie zum Beispiel Polen, Slowenien und aus Osteuropa ganz allgemein von dem aus Nord- und Westeuropa?
Mauser: Meiner Meinung nach gibt es viel zu viele Bands, die traditionellen Metal spielen. Es ist an der Zeit, etwas Neues zu machen, und wir wollten und wollen uns dieser Herausforderung stellen. Es gibt nicht wirklich viele Gothic-Metal-Bands in Osteuropa, aber ich denke wir unterscheiden uns durchaus von den bestehenden Gruppen. Wir spielen einen Stil, der überhaupt mit NIGHTWISH oder LACUNA COIL zu vergleichen ist. Ich glaube auch dass jedes Land Europas einen ganz eigenen Metal-Stil entwickelt hat, der letztendlich, wenn die Musik über die Landesgrenzen hinweg populärer wird, von anderen Ländern einfach kopiert wird. Ich leugne nicht, dass wir uns mit UNSUN ein wenig vom amerikanischen Stil haben prägen lassen, aber wir haben sicherlich viele interessante und faszinierende Elemente integriert, die nur für uns oder unser Land typisch ist.
Habt ihr schon erste Reaktionen vernehmen können, wie euer Material live ankommt?
Mauser: Nein, leider noch nicht, denn unsere ersten Konzerte spielen im Dezember. Und erst dann können wir etwas zu den Reaktionen sagen. Wir haben bisher ausschließlich geprobt, und ich kann nur soviel sagen, als dass die Songs live noch sehr viel kraftvoller und heavier klingen, als auf dem Album. Es wird sich also niemand mehr auf den Plätzen halten können. He He. (lacht). Ich denke unser Material wird live absolut überzeugen. Im Moment planen wir auch eine größere Tour, aber noch ist leider nichts konkret bestätigt. Wie gesagt, im Dezember spielen wir dann erstmal unsere ersten Konzerte in Polen, und im nächsten Jahr stehen bereits ein paar Festivals wie das Wave Gothic Treffen, das Summer Breeze und das Wacken Open Air auf unserem Plan. Und gemeinsam mit Dragon Production planen wir eine Tour durch Europa und haben noch viele interessante Anfragen aus aller Welt. Wir müssen mal schauen, was davon wirklich in Frage kommt.
Mit welcher Band würdet ihr gern zusammen auf Tour gehen?
Aya: Es gibt so viele gute Bands… Wir würden auch gern mit einem symphonischen Orchester spielen, aber dazu fehlt uns wohl erstmal einfach das Geld. Vielleicht spielen wir APOCALYPTICA, das wäre toll. Ich würde auch gern mit Myles Kennedy auf Tour gehen, oder natürlich mit Bands wie NIGHTWISH oder LACUNA COIL…
Wir sind am Ende unserer Zeit angekommen. Möchtet ihr den Lesern von metal.de noch etwas mitteilen?
Mauser: Ja, gerne: Vielen Dank für euren Support! Hoffentlich sehen wir euch auf einem unserer nächsten Gigs, ihr werdet es sicherlich nicht bereuen! Cheers!
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